Verpackungsdesign

Das Verpackungs-Desaster

Nicht immer so verschlossen sein. Sich den Menschen öffnen. Ein gut gemeinter Ratschlag an alle Verpackungsdesigner. Berücksichtigt wurde das bis heute nicht.

Größte Hürde auf dem Weg zum Produkt

Verpackungen haftet das Klischee an, sie wären unpraktisch, umweltfreundlich und schwer zu öffnen. Nach dem Produktkauf steigt der Frustrationslevel schnell ins Unermessliche an, wenn die Chipstüte an der falschen Stelle aufplatzt oder die Lasche von der Konservendose -das einzige Öffnungsinstrument abreißt. Besonders die sogenannten Blister Verpackungen -durchsichtige in Kunststofffolie eingeschweißte Sicherheitsverpackungen (meistens für Elektroartikel)- treiben Kunden in den Wahnsinn. Spätestens jetzt hat es jeder gemerkt: Das Ganze ist kein Klischee, es ist trauriger Alltag.

Verletzungen durch Verpackungen

Schlimmer noch als das Testergebnis einer Studie aus Chemnitz ist die Verletzungsgefahr. Wenn gerade einmal drei von 21 Personen eine Verpackung problemlos öffnen können, werden sie in ihrer Verzweiflung kreativ. Mit Schere, Schraubenzieher oder Messer versuchen sie die Verpackung zu zerstören. Beim amerikanischen Baseballspieler Adam Eaton endete der Versuch, eine mit Cellophan ummantelte DVD-Hülle zu öffnen, in der Notaufnahme. Er rammte sich das Messer in den Bauch. Einfach nur dumm angestellt, möchte man meinen. Von einem Einzelfall kann man hier allerdings nicht sprechen. Frank Dittrich, Mitarbeiter an der Chemnitzer Studie, verweist auf eine Untersuchung aus England mit einem eindeutigen Ergebnis: Innerhalb eines Jahres landeten 67.000 Menschen bei Öffnungsversuchen im Krankenhaus.

Investition in Verpackung ist unerwünscht

Eigentlich müsste bei diesen Zahlen eine Verpackungsindustrieelle Revolution in Gang gesetzt werden. Doch in der Branche ist man sich gar nicht bewusst, welche Kaufanreize über das Verpackungsdesign ausgelöst werden. Man investiert lieber Unsummen in das Produkt und das Marketing, anstatt sich darüber Gedanken zu machen, wie abschreckend eine schlechte Verpackung für den Konsumenten ist. Katja Jans, Pressesprecherin des Snack-Produzenten Balsen, findet es gar nicht weiter tragisch, wenn die Chipstüte an der falschen Stelle aufplatzt: „Unsere Crunchips-Tüten sind mit so viel Luft gefüllt, damit die Chips beim Transport nicht zu Bruch gehen. Dass die Tüte manchmal in die falsche Richtung aufplatzt, ist für uns das kleinere Übel.“ Eine wiederverschließbare Variante kommt auch nicht infrage. Man wolle ja, dass die Leute die Tüte auf einmal leer essen.

Mogelpackung

Schlechtes Verpackungsdesign: Die Mogelpackung

Übersetzt heißt das: Nur der wiederholte Konsum kann hohe Absatzzahlen für die Hersteller garantieren. Dafür greift man gerne in die Trickkiste und manipuliert optisch, mit Hinweisen wie Maxi Pack oder 50 % mehr Inhalt das Verpackungsdesign. Die Verpackung erscheint auf den ersten Blick wesentlich umfangreicher, an der Inhaltsmenge hat sich allerdings nichts geändert bis auf den zusätzlichen Luftanteil. Dem Verbraucher das gute Gefühl gegeben zu haben, mehr für sein Geld zu kriegen, während man selbst die Produktionskosten auf ein Minimum gehalten hat, ist in der Branche ein unverrückbarer Stellenwert. Dabei gibt es schon jetzt durchaus gute Ideen für originelles Verpackungsdesign. Ob die Sargschachtel für Zigaretten zum Kauf anregt, darf zwar bezweifelt werden. Sie beweist allerdings, dass es nicht in Stein gemeißelt ist, seine Produkte im immergleichen Verpackungsdesign präsentieren zu müssen.

Verpackungsmüllweltmeister Deutschland

Ohnehin sollten Produkthersteller in Zeiten des Klimawandels ihr Verpackungsdesignportfolio überdenken. Nachhaltigkeit und recyclebare Materialien leisten einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz. Deutschland ist davon weit entfernt. Nach einmaliger Verwendung landet die Verpackung im Müll. Im Jahr 2016 entstand so 18,2 Millionen Tonnen Verpackungsmüll in Deutschland. Wenn man bedenkt, wie viel Energie die Produktion von Verpackungen verbraucht, ist es also auch eine Kostenfrage den Einmal Verbrauch von Verpackungen zu hinterfragen. Das beste Beispiel sind Mehrwegflaschen. Der Reinigungsprozess zum Wiederbefüllen (bis zu 50 Mal) macht nur den Bruchteil der Kosten von Einwegflaschen aus.

Verpackungsdesign bzw. neue Lösungen für Verpackungen sollten also nicht abgeschrieben werden. Auch wenn man sich manchmal wünschen würde, alles wäre unverpackt.

Verpackungs-Desaster